Der Kühlschrank ist fast leer und die Luft auch so langsam raus. Es ist schön hier und wir sind uns alle sicher, dass wir trotz des schönen Ausblicks auf unserer eigenen Terrasse in Hamm, die Aussicht auf die Ostsee vermissen werden. Wir werden auch die Landschaft mit ihren roten Häuschen vermissen. Und irgendwie ist uns auch das Schreinerhaus (Begriff final übernommen) auf gewisse Weise ans Herz gewachsen. Aber wir freuen uns auch langsam wieder auf zu Hause. Aber das soll ja auch so sein. Wir werden auf jeden Fall sehr, sehr viele schöne, spannende, lustige Erinnerungen mit zurücknehmen. Und ich bin sehr froh (und auch ein wenig stolz), dass ich den Großteil der Erleb- und Erkenntnisse hier festgehalten habe. Gut möglich, dass ich sie mir in ein paar Wochen und Monaten nochmal anschauen und gerne zurückerinnern werden. Vielleicht überkommt es mich ja im Nachgang noch und ich werde das Tagebuch noch um die entsprechenden Fotos und Videos ergänzen. Gut möglich aber auch, dass es nicht mehr dazu kommen wird. Egal. Vorhanden sind sie so oder so.
Und was haben wir heute, an diesem „little friday“, so getrieben? Eigentlich verlief der Tag so ähnlich wie gestern und war in erster Linie wieder von entspanntem Nichtstun geprägt. Carina und Pauline haben am vormittag eine kleine Paddeltour durch die Bucht gemacht, während Emil, Clemens und ich den Steg bewacht haben. Bei einer kleinen architektonischen Kanutour von Carina und mir entlang der benachbarten Häuser stellen wir fest, dass es wohl zwei Minks (Minke? Minken? Minikisse?) in unmittelbarer Nachbarschaft gibt. Wir sehen Herrn Ringel Natterson nochmal und können ihm ganz passable Schwimmkünste attestieren. Drei Runden Wikingerschach krönen Clemens und mich zu den Gewinnern des Tages, von dem wir uns aber leider auch nix kaufen können.
Am Nachmittag machen wir eine kleine Wanderung von ca. 8 km über die angrenzende Halbinsel durch Wiesen, Felder und Wälder. Wir sehen weitentfernte Rehe und naschen von den wegesnahen Brombeeren. Wir kommen an kleinen Siedlungen und einem schönen alten Bauernhof mit einer mächtigen alten Eiche vorbei, die sicherlich ihre 400-600 Jahre auf dem Buckel hat. Und immer wieder begleiten die typisch schwedischen Steinmauern unseren Weg. Der Wald scheint in irgendeiner Art bewirtschaftet. Es gibt gerade am Anfang des Waldes noch Spuren von Harvester und/oder Forwarder. Je weiter wir allerdings in den Wald reinkommen, desto weniger Bewirtschaftungsspuren sind zu sehen. Der Wald ist aber auch so dicht, dass man schon nach 10 bis 15 Metern vermutlich die Orientierung verliert. Nach ca. 2 Kilometern kommen wir wieder in eine offenere Weidelandschaft und sehen auch schon wieder die ersten Häuser. Kurz vor Drag erreichen wir noch eine zunächst schwer zu definierbare Location. Ein Gebäude, davor ein Spielplatz und ein großes Zelt mit Tischen und Stühlen. Eine provisorische Außenbar und einen Bereich mit Bühne. Da wir nicht an der Straße sondern eher durch den Wald zurück nach Drag wollen und den Weg suchen, sprechen wir einen jüngeren Mann (also so ca. mein Alter) an und er hilft uns gerne weiter. Auf Nachfragen erklärt er uns, dass es sich bei der Einrichtung um eine Art Dorfgemeinschaftshaus oder -einrichtung handelt. Im Sommer treffen sich hier die Bewohner der Halbinsel regelmäßig und feiern und „netzwerken“. Meistens mit Livemusik oder Bingo oder ähnlicher Unterhaltung. Touristen werden nicht heimgeschickt, sondern gerne integriert. Im Winter trifft man sich in der Regel alle zwei bis drei Wochen. Häufig gibt es dann Vorträge von Bürgern zu allen möglichen Themen, die die Gemeinde betreffen oder auch einfach nur rein informelle Dinge. Es gab wohl schon Beiträge von Mitbürgern, die ein halbes Jahr in der Antarktis gelebt oder auf einer Ölplattform gearbeitet haben. Ich erinnere mich daran, dass zu Kopenhagener Zeiten Kollegen davon erzählten, dass die Schweden relativ wenig Alkohol zu normalen Zeiten trinken, dafür dann aber immer umso schlimmer zuschlagen, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet. Und ich vermute, dass es sich dabei um genau so einen Ort für genau solche Gelegenheiten handelt. Der Blick in den Kofferraum des jungen Mannes, der das Dorftreffen für Samstag vorbereitet, scheint meine Vermutung zu bestätigen. Hier lagert genug Stoff für ein ordentliches Gelage. Mir gefällt die Vorstellung einer so funktionierenden Dorfgemeinschaft und schreibe es auf meinen imaginären Notizzettel für daheim.
Zuhause angekommen beginnen wir sofort mit der Zubereitung des Essens, da es mittlerweile auch schon nach 18:00 Uhr ist. Es wird Nudeln mit Tomatensoße, Schweinefilet und Salat geben. Quasi alles das, was mal langsam weg muss. Während Pauline und Clemens im Anschluss spülen, räumen wir noch das Kanu zurück in den Keller und verstauen Sitzsack und Klappstühle im Trockenen. Für morgen ist Regen gemeldet, da möchten wir ungern nasse Klamotten ins Auto packen.
Ein sonniger Tag neigt sich mit einer tollen Abendstimmung am Wasser dem Ende. Um 22:00 Uhr ist dann Ruhe und alle liegen in Ihren Betten. Morgen wird dann gepackt und übermorgen geht es wieder zurück nach Deutschland.