Der Tag ist rum, als ich diese Zeilen hier schreibe. Es ist mittlerweile viertel vor zehn am Abend. Von draußen dringt Whitney Houston mit „Dance with somebody“ durch die Anderthalbfachverglasung. Die Nachbarn haben heute bei Windstärke 5-7 (geschätzt) auf dem schon zuvor beschriebenen Nachbarssteg geheiratet. Am Ende der Zeremonie hatten auf jeden Fall alle Gäste die gleiche nach hinten gestylte Frisur. Männlein wie auch Weiblein. Seit anderthalb Stunden hat der DJ übernommen und gut aufgedreht. Die Musik ist ordentlich gewählt. Nee… doch nicht. Gerade läuft Macarena. Nachdem wir jetzt alles gepackt haben und der Puls kurzzeitig oben war (Erläuterung s. unten), könnten Carina und ich noch ein Bier gebrauchen. Da unsere Vorräte mittlerweile so gut wie aufgebraucht sind, steht die Idee im Raume uns kurzerhand bei den Nachbarn „reinzusneaken“. Aber da Abendkleid und Anzug bereits verstaut sind und wir uns in unserer Tourikleidung nicht trauen (wir würden ja auffallen, mit Anzug und Abendkleid aber nicht), bleibt es bei Sprudelwasser. Aber das knallt ja auch ganz ordentlich.
Warum der Puls eben kurz oben war: Wir hatten ein Dejavu. Einen Tag vor der Abreise gibt es wieder Trouble mit der Fähre. Ende vom Lied: Kreditkarte gesperrt, aber Fähre und Brücke gebucht. Ende gut, alles (fast) gut. Jetzt nur hoffen, dass unsere Maestro-Karte angenommen wird. Denn hier läuft im Gegensatz zu Deutschland alles bargeldlos ab. Heute morgen war das erste Mal in den zwei Wochen, dass ich Bargeld abgehoben habe um morgen unseren Strom zu bezahlen. Alleine einen Automaten zu finden war schon eine Weltreise. Ansonsten ist die Kreditkarte hier Bezahlmittel Nr.1. Selbst auf dem Rummel vor zwei Wochen wurden die Fahrkarten mit Plastik bezahlt. Da hat Deutschland schon noch einiges an Nachholbedarf.
Jetzt geht draußen gerade die Post ab. Das Partyvolk fragt nach dem Namen von Nikki Laudas Mutter. (Hierzu gerade ein Kollege, dass sie schon als kleiner Junge ******* aussah.)
Nachdem wir den Tag über gepackt haben, fahren wir nochmal nach Kalmar rein um bei Asiaten zu büffetieren. Der geneigte Leser erinnert sich noch an den ersten Tag auf schwedischem Boden (-> Karlskrona). Unsere vier hungrigen Münder bekommen wir heute mit einem richtig guten Buffet inkl. Getränke und anschließendem Blaubeerkuchen mit Vanillesoße und Kaffee für knappe und umgerechnete 50 Euro satt. In Kalmar ist dieses Wochenende einiges los, da am morgigen Samstag ein Ironman stattfinden wird. Die Radstrecke wird auch durch unsere Gegend verlaufen, weshalb heute morgen schon einige schnittigbehelmten Radsportler auf meinem Weg zum Supermarkt zu sehen waren. Am heutigen Freitag fand im Rahmenprogramm ein Juniorenlauf statt, weshalb die Stadt schon reichlich gefüllt war. Aus der Erfahrung der letzten zwei Wochen schon eher überfüllt. So voll war es noch nicht einmal bei Astrid Lindgren. Wir halten uns deshalb auch nicht lange auf und fahren alsbald auch wieder zurück nach Drag. Zuhause angekommen treffen wir nochmals auf die Nachbarin Rosita und ihren Mann Roger, die traurig wirken, dass wir morgen schon abreisen. Sie bitten uns darum, doch nochmal wiederzukommen. Und selbst wenn wir nur irgendwo in der Nähe wohnen, sollen wir doch auf ein Kaffeekränzchen, dem sogenannten Fika, vorbeikommen. Wir seien jederzeit herzlich willkommen. Das freut uns. Und dann zeigen sie Pauline und mir noch ihre selber gebaute Scheune. Rosita hat sich (oder Roger, da waren sie sich unsicher) zu ihrem 40. Geburtstag einen alten Jeep aus dem Jahre 1952 geschenkt, der zuvor im Koreakrieg im Einsatz war. Außerdem besitzt sie noch eine alte Monark, ein schwedisches Mopped, ähnlich unserer Schwalbe, mit der sie im Sommer immer die 3 km nach Revsudden fährt und dort am Hafen schwimmen geht. Mir gefällt die Vorstellung einer alten Dame auf einem alten Mopped auf dem Weg zum Badespaß im Hafen. Ich erzähle ihnen von meinem traktorsammelfreudigen Vater und zeige entsprechende Bilder, die sie ganz in Verzückung bringen. Ob jetzt wegen der alten Trecker oder des nicht minder alten Vaters erfrage ich dann nicht. Wir werden uns morgen früh auf jeden Fall nochmal persönlich verabschieden. Und wer weiß… vielleicht sieht man sich hier dann ja nochmal irgendwann. Freuen würde es uns alle auf jeden Fall.
Dann beginnt der spannende Teil der Verladung. Aus der Erfahrung der Hinfahrt schiebe ich die Rückbank nochmals um ca. 15cm weiter nach hinten um den Kindern vorne mehr Beinfreiheit zu geben und das Wickeln von Emil zu erleichtern. Am Ende passt alles wunderbar rein und wir haben immer noch Platz, morgen noch die ein oder andere Tasche und den Rehabuggy oben drauf zu legen, die wir im Verlauf der Rückfahrt noch benötigen werden.
Der Plan für die nächsten zwei Tage sieht wie folgt aus: Morgen zeitiger Aufbruch Richtung Dänemark. Über die Öresundbrücke an Kopenhagen vorbei bis Rödby. Da die Fähre um 15:45 Uhr bis Fehmarn nehmen und anschließend noch ein paar Kilometer bis Bad Malente in die Jugendherberge. Übernachtung und Entscheidung, ob wir ggf. noch einen Tag länger bleiben. Carina schielt glaube ich ein bisschen auf Gut Immenhof, welches dort gelegen ist.
Hier so Pferdedings und Mädchenohgottohgott.
Müssen wir möglicherweise durch.
Aber macht man ja gerne.
Falls es uns dann doch am Sonntag gen Süden weitertreibt, werden wir in der Lüneburger Heide bei Familie Lange einen kurzen Kaffeestop einlegen. Wenn nicht, dann werden wir das halt am Montag anstreben. Und dann ist‘s auch nur noch ein kleiner Rutsch, bis wir wieder zu Hause sind. Wie das jetzt letztlich ausgeht, werden wir hier natürlich alle noch lesen können. Schwöre!