Tag 12 – Dienstag, 15.08.23 – Mattis belehrt mich eines Besseren

Hui! Was ein Tag!
Ich fürchte, das was wir heute erlebt haben, hier nicht annähernd wiedergeben zu können, wie wir es erlebt haben.
Zunächst waren wir heute geplant relativ früh auf, da es zwischen Drag und Vimmerby laut Google Maps ca. eindreiviertel bis zwei Stunden Fahrzeit benötigt und wir pünktlich um 10:00 Uhr in der Astrid Lindgren Welt sein wollten. Das hat dann auch fast mit einer viertel Stunde Verspätung hingehauen. Man will es im Urlaub mit der Pünktlichkeit ja nicht übertreiben.
An dieser Stelle möchte ich dann doch ehrlich sein: Ich bin ins Auto eingestiegen und habe mich auf den Weg in einen Freizeitpark gemacht, um den Kindern einen Gefallen zu tun. Freizeitpark ist mittlerweile für mich so was wie Kirmes. Zu viel Trubel, zu viel Hektik, zu offensichtliches Geld-aus-der-Tasche-Ziehen, zu wenig Qualität. Das Logo der Astrid Lindgren Värld (Welt) schien schon darauf hinzudeuten. Gemalte Pippi über einem gelben Buch. Der Park grenzt an ein tristes Gewerbegebiet und am Bezahlparkplatz schließt direkt eine Containerfront an. Und der Eingang war jetzt auch eher schmucklos. Zweckmäßig, aber unspektakulär.
Aber mit dem Durchschreiten der Eingangspforte war man mit einem Schlag in einer komplett anderen Welt. Ja, sogar anderen Zeit. Man befand sich unmittelbar am Anfang von Lottas Krachmacherstraße und am Ende der 50er Jahre. Ein alter Volvo parkt an einem Turm, dahinter eine typische BP-Tankstelle aus vergangenen Tagen. Weiter im Hintergrund ganze Straßenzüge und Häuser im typisch schwedischen Stil. Wir sind von einem Moment auf den anderen gefesselt. Wenige Meter weiter sitzen ein Landstreicher und ein Junge (beides Schauspieler, keine Puppen) in einem Park an einer Birke angelehnt und sind ins Gespräch vertieft. Wie sich rausstellt, handelt es sich bei dem Jungen um Rasmus und dem Mann um den Landstreicher Oskar. Wir erreichen eine kleine Stadt, deren Häuser im Maßstab 1:2 originalgetreu gebaut sind. Teilweise nur als Fassade, teils verbirgt sich im Gebäude dann wieder im Originalmaßstab ein richtiger Laden für Süßigkeiten oder Eis oder Souveniers. Und dann gibt es auf dem gesamten Gelände verteilt Freilichtbühnen. Große, wie auch kleine, auf denen Szenen aus den bekannten Lindgren‘schen Geschichten aufgeführt werden. Als erstes finden wir die Villa Kunterbunt und erleben eine wilde Verfolgungsjagd zwischen Pippi und den lustigen Polizisten Kling und Klang bis hoch auf‘s Dach und wieder zurück. Am Nachmittag erleben wir hier noch eine weitere Geschichte, zu der im benachbarten Hafen sogar die Hoppetossa –Pippi sein Vater sein Schiff– anlegt.
Kurz vorweg:Ich werde und kann nicht den ganzen Tag wiedergeben können. Es ist einfach zu viel und zu gut. Das muss man einfach mal selber erlebt haben!
Was für mich hängen bleiben wird, sind all die Details, mit denen die Kulissen und alles andere ausgestattet sind. Und die Kulissen hören nicht da auf, wo der Zuschauer nicht mehr hinschauen kann, sondern erst viel weiter dahinter bzw. gar nicht. Nach dem Ende der jeweiligen Aufführung verschwinden die Schauspieler nicht in der Maske oder Garderobe, sondern bleiben noch vor Ort, spielen Ihre Rolle noch weiter oder kommen einfach so ins Gespräch, während man auch hinter die Szenenfläche gehen kann. Und hier gibt es die Dinge, die der Aufführung zwar nicht dienen, aber so wichtig für’s Geschichtenerzählen sind. Die Häuser und Schuppen auf dem Katthult-Hof sind halt nicht einfach nur Fassaden, sondern dahinter verbergen sich komplett ausgestattete Häuser und Räume. Im Tischlerschuppen liegen nicht nur entsprechende Werkzeuge rum, auch Michels handgeschnitzte Holzfiguren stehen auf den Regalen. Im Schuppen daneben werden Lebensmittel gelagert und die Würste hängen unter der Decke. Gut… die sind nicht echt. Sehen aber echt aus. Für das Schauspiel unerheblich, aber die Geschichte, dass hier gerade Michel, Ida wird damit vor allem den kleinen Zuschauern damit im Anschluss weitererzählt.
Ähnlich auf der Mattis-Feste. Vorne spielen die Räuber und hinten befindet sich eine komplette Räuberhöhle. Inkl. Keller, Schlafräume und Kerker. Apropos: Mich hat es final (und das schon früh am Tage) total getriggert, als die Räuberbande um Anführer Mattis aus dem angrenzenden (und realen) Wald zurückkehren und dabei einen mehrstimmigen Gesang anheben. Das ging mir unter die Haut. Als nach der Aufführung ein ordentlicher Regen einsetzte, versammelten sich mit mir einige Zuschauer im Speiseraum der Burg, wo die verbliebenen Räuber ihren Gesang fortführten. Ich bin mir nicht sicher, ob ein nicht unerheblicher Teil davon sogar improvisiert war. Egal. Ich war eh schon hin und weg. Bei solchen Sachen bin ich nun wirklich sehr, sehr leicht zu begeistern.
Zwischendurch essen wir noch in einem süßem kleinen Cafe zu Mittag. Für mich gibt es erdbeerkompottbegleiteten Käsekuchen, für Pauline eine Art Smörrebröd, für Carina Sandwich. Alles auf schönem goldumrandeten Porzellan serviert. Dazu noch einen Kaffee. Perfekt. Clemens bekommt zum Schluss noch ein Eis, weil er zuvor auf Karlsons Dach rutschen war.
Am Schluss gibt es noch an der oben beschrieben Tankstelle von einer vierköpfigen Band Jazzarangements der bekanntesten Filmmusiken. Einfach so, einfach auf der Straße. Schlagzeug, Bass, Klavier und Saxophon. Ich hätte noch stundenlang zuhören können. Nach sieben Stunden Aufenthalt im Park sind die Kindern allerdings mittlerweile ”satt“. Man kann hier sicherlich auch noch einen zweiten Tag verbringen. Nicht wegen der Größe, sondern wegen all der Details und der ganzen Aufführungen, die man gar nicht alle an einem Tag erleben kann.
Die Rücktour zurück nach Drag führt uns über ewig lange und schöne Landstraßen noch nach Oskarshamn, wo wir gegenüber des Fährhafens zu Abend essen. Es gibt, Tortillas, Burger, Lachs und Grillteller. Zwischendurch zieht Carina Clemens noch einen Zahn. Der Junge hat mittlerweile ein Zahnlücke vorne… hat Ähnlichkeiten mit der Fähre aus Gotland die just in diesem Moment anlegt und Autos und LKWs entlässt. Die Ladeluke ist ähnlich breit.
Zuhause angekommen erweitern wir noch unsere Faunaliste um den Punkt Rehe, die sich zwischen Gewächshaus und dem Kanal aufhalten. Glücklich und zufrieden fallen alle Kinder ins Bett. Die Eltern nach diesen Zeilen hier auch.
Aus de‘ Maus.

P.S.: Ich werde den Text morgen vielleicht aufgrund des fortgeschrittenen Abends nochmal Korrekturlesen und/oder ergänzen, falls ich was wichtiges vergessen habe. Aber Michel, Mattis, Glatzen-Per und Pippi haben mich doch ganz schön fertig gemacht. Würde mich nicht wundern, wenn ich heute Nacht im Traum noch Astrid Lindgren persönlich begegne und ihr für all die Geschichten danke und gratuliere.

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