Die ersten Zeilen des Tages schreibe ich, wie fast jeden Tag, beim ersten Kaffee in der Küche. Heute ist es was besonderes, weil das erste Mal seit Ankunft die pralle Sonne durchs Küchenfenster scheint. Direkt eine andere Stimmung. Wiese, Garten, Steg und Meer im frühen Sonnenlicht wirken direkt nochmal viel schöner.
Wir haben viertel vor sieben und Emil ist seit einer Stunde wach. So wie ich auch. Carina liegt allerdings auch schon wach im Bett und liest in ihrem Buch. Ich muss direkt mal einen Brei für Emil machen. Den fordert er nämlich eindringlich ein. Wird gemacht, Chef!
Da heute Freitag ist, entscheide ich mich, mit dem Fahrrad zur Sommerbäckerei zu fahren um Brötchen zu holen. Sind etwas um die drei Kilometer und in ca. 15 entspannten Minuten pro Strecke zu schaffen. Verwundert stelle ich allerdings fest, dass die Bäckerei nicht geöffnet hat. Nun doch nur Samstag und Sonntag? Am Abend übersetze ich mir die Öffnungszeiten auf der schwedischen Homepage und muss mit Erschrecken feststellen, dass sie leider nur von Mittsommer bis zum ersten Augustwochenende geöffnet hat. Das ist sehr schade und nur der Gedanke daran, dass wir noch den allerletzten Tag genutzt haben tröstet ein wenig.
Das Wetter ist heute morgen wirklich so schön (wenn auch noch nicht sehr warm), dass wir spontan das Frühstück auf die Terrasse verlegen.
Die geplante Radtour von gestern (wir erinnern uns) verlegen wir dann anschließend auch nochmal auf den Zeitraum nach Mittag, weil es die Kinder nun doch wieder Richtung Steg und ihrer Quallenjagd zieht. Da Wind und Wellen mitspielen, soll das StandUpPaddle auch wieder zum Einsatz kommen. Der Plan, mal weiter rauszufahren, zwingt mich dazu, auf Nummer sicher zu gehen und statt Jeans mal eine Badehose anzuziehen. Pauline und mir schwebt die vorgelagerte Insel in ca. 800 m Entfernung vor. Beim ersten halbherzigen Versuch wollen wir auf halber Strecke das Gefährt um 180 Grad drehen um zu schauen, wie weit wir vom Ufer entfernt sind. Das Vorhaben endet mit einem Sturz ins Wasser. Da ich aus Gesundheitsgründen (arktische Kälte der Luft) noch einen Hoodie trage und der Sturzfrust so tief sitzt, entscheiden wir uns zur Rückkehr ans Ufer. Dort trocknen wir uns ab, ich tausche die Oberbekleidung und wenige Minuten später packt uns der Ehrgeiz erneut und wir starten zum zweiten Versuch. Und diesmal klappt es sogar! Unser Expeditionsmut und Rücksicht der Natur gegenüber lässt uns -statt die Insel zu betreten- diese umrunden. Ca. 40 Minuten und 0,91 Seemeilen (also 1,7 km) nach dem Start in eine Reise mit ungewissem Ausgang legen wir stolz und vor allem trocken wieder an unserem heimischen Steg an. Die Eingeborenen begrüßen uns mit Blumenketten und flippen bei dem Tausch von Glasmurmeln gegen eine Tasse Kaffee schier aus.
Letzter Satz entspricht zwar keineswegs den Tatsachen, liest sich aber in einem Reisebericht umso besser.
Die Schlange von gestern zeigt sich auch wieder an der nahegelegenen Mauer und wir taufen sie auf „Ringel Natterson“, womit auch gleich die Art festgelegt wäre.
Zur späten Mittagszeit brechen wir unter deutlich besseren Vorzeichen zu dem Bikepark mit unseren Fahrrädern auf. Um hier nochmal einen Überblick über den vorhandenen Fuhrpark zu bieten: Clemens auf seinem 7-Gang-woom-Bike, Pauline auf unserem alten Trekkingrad, Carina und ich auf den E-Bikes, bei mir anhängend Emil im Reha-Buggy. Die vorliegenden Navigations-Apps schlagen ähnliche Strecken mit einer Gesamtlänge von ca. 40 km vor und so zögern wir nicht und machen uns auf den Weg. Dieser führt uns zunächst auf der Hauptstraße aus dem Ort raus und von da an über alle erdenklichen Wege, Straßen und Pfade. Von „ordentlich geschottert“ über Rüttelpiste, Steg im Moor und rennsteigähnlichem Wanderpfad, Umwegen aufgrund umgefallener Bäume und Teerstraßen. Wohlgemerkt alles mit Clemens auf seinem Rädchen und Emil im Reha-Buggy. Stellenweise ein Himmmelfahrtskommando! Vorbei an kleinen Siedlungen oder einzelnen Häusern, Bauernhöfen, Teichen, Seen und Meer, Feld, Wiese, Wald und Steinmauern (muss erwähnt werden weil quasi in unendlicher Länge vorhanden). Am Bikepark angekommen wird dann Rast gemacht und anschließend die Strecke erkundet. Wir haben irgendwann das Gefühl, das Clemens erste Erschöpfungsanzeichen zeigt und entschließen uns, den Heimweg anzutreten. Dieser führt uns diesmal aber eher über gut ausgebaute Feld- und Waldwege und lässt uns deutlich schneller vorankommen. Weil wir uns, wie jeden Tag, auf zwei Mahlzeiten beschränken, entschließen wir, einen nahegelegenen Campingplatz aufzusuchen. Dort gibt es ein angegliedertes Restaurant. Und da es schon fast auf dem Weg liegt, gibt es quasi keine Gegenstimme aus der Truppe. Bei der Ankunft bemerken Carina und ich, dass wir 2011 genau hier schonmal mit dem Wohnmobil gecampt haben. Das Essen ist vorzüglich. Pizza für Pauline, Burger mit Pommes für Clemens und jeweils Fish ´n Chips für Carina und mich. Kurz nach der Abfahrt zur letzen Etappe stellt Clemens dann trocken fest, „dass er jetzt wieder soviel Energie wie am Ampfang“ hätte. Eine Wiederholung der Tour verschieben wir allerdings auf einen anderen Tag. Nach dem Rezept für den Burger werde ich mich morgen mal schlau machen. Scheint gut zu sein.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir bei bester Laune dann wieder unser Schreinerhaus in Drag. Von da an wird nur noch das Standardprogramm (Zähneputzen, Schlafanzug, Medikamente für Emil) runtergespult und der Tag findet langsam ein erschöpftes, aber zufriedenes und glückliches Ende. Für mich, nachdem ich diese Zeilen noch getippt habe. Gute Nacht!