Tag 9 – Samstag, 12.08.23 – Viel wenig

Tage wie diesen kann man gerne auch schonmal damit zusammenfassen, dass man im Prinzip nix gemacht und erlebt hat. So meine erste Zusammenfassung des heutigen Tages. Aber der Reihe nach.
Der Tag begann zunächst damit, dass ich nicht -wie sonst- gegen sechs Uhr wach wurde und mich um Emil und Kaffee gekümmert habe, sondern, dass dies heute von Carina übernommen wurde und ich seltsamerweise bis 07:20 geschlafen habe. Quasi wie Emil. Die Paddler- und Fahrradfahrerei von gestern haben doch ihre Spuren hinterlassen. Zwei Kaffee und eine Dusche später breche ich auf nach Rockneby um Brötchen und weitere Kleinigkeiten zu kaufen. Gefrühstückt wird wie gestern bei schönem Sonnenschein hinterm Haus. Währenddessen packen Urs und Natalie von nebenan ihre Koffer, denn sie werden heute weiter Richtung Westküste fahren. Der Abschied von Urlaubsbekanntschaften sollte rein theoretisch ja nicht schwer fallen, da man ja kaum Zeit miteinander verbracht hat. Die wenigen guten Momente allerdings führen zu einer gewissen Wehmut. Die Wahrscheinlichkeit, dass man sich in naher oder ferner Zukunft nochmal wiedersieht, ist eher gering. Nachdem ich Urs bzw. beiden noch beim Begleichen der Stromrechnung geholfen habe, machen sie sich auch auf den Weg. Das Problem war, dass die beiden die Reise komplett über ein Reisebüro gebucht haben und der Meinung waren, der Strom wäre bereits inbegriffen gewesen. Richtig wäre allerdings gewesen, dass sie bei der Anreise hätten den Zählerstand ablesen müssen. So wie wir es gemacht haben. Da wir zwei Zähler im „Kasten“ haben, habe ich glücklicherweise beide Stände dokumentiert. Es ist nämlich so, dass das Grundstück einen Hauptzähler für beide Häuser hat und jeweils einen eigenen „Unterzähler“ im jeweiligen Haus. So konnte ich durch geschickte Subtraktion deren Verbrauch ermitteln. Deren Zähler hing im Keller. Da war nur bisher keiner von beiden gewesen. Denn dazu musste man einmal ums Haus, in den Keller und dort das Räumchen mit dem Zähler finden. Diese Info war in dem Handbuch zum Ferienhaus zwar zu finden, aber nicht wirklich offensichtlich. Auf diese Tour haben wir allerdings den unverschlossenen Keller gefunden, in dem ein Zweier-Kajak und ein Kanu lagern. Beide in Tippitoppi-Qualität. Und wenn morgen niemand spontan ins Nachbarhaus einzieht, werde ich mir eins der beiden Torpedos ausleihen. Meine eigene Interpretation des Jedermannsrechts hier in Schweden.
Danach haben wir uns eigentlich nur noch zwischen Ostsee und Steg und Haus bewegt. Zum Nachmittagskaffee haben Pauline und Carina leckere Waffeln gebacken (weil wegen Waffeleisen im Inventar), die wir auf dem Steg verspeist haben. Die Vanillesoße zum Reindippen ist ein wenig aus der Not geboren, aber bei zukünftigen Waffeln ein „Must Have“! Zwischendurch gab es noch einen etwas unglücklichen Zwischenfall, als ich nach einem kleinen Paddelausflug mit dem Board zu blöd war, vernünftig am Steg anzulegen und mit panischen Schreien ins quallenverseuchte Wasser gefallen bin. Dabei habe ich leider meine Brille verloren, die ich vorher vergessen hatte auszuziehen. Erst am Abend bei günstigeren Lichtverhältnissen und unter Zuhilfenahme einer Taschenlampe konnte ich die Sehhilfe am Fuße des Stegs wiederfinden. Das sollte mir eine Lehre gewesen sein.
Von deutlich glücklicherem Verlauf ist Paulines und meine Paddeltour zu einer weiteren, wenn auch näheren Insel vor unserer Küste. Auch Clemens, der anfänglich noch recht skeptisch dem SUP gegenüberstand, hat sich heute drauf getraut und mittlerweile „Lunte gelutscht“ (wie mein Kollege M.Cassel zu sagen pflegt). Er ist im Laufe des Nachmittags kaum noch davon wegzubewegen und hat auch schon selber kleinere Abstecher zum vorgelagerten Felsen und einmal um unsere Hausinsel (30m Abstand zum Ufer) gemacht. Er steht recht stabil auf dem Board und ist am heutigen Tage nicht runtergefallen.
Eigentlich hatten wir Grillen für heute Abend vorgesehen. Weil aber irgendwie keiner Lust hatte, nochmal aufzubrechen und Fleisch, etc. dafür zu besorgen, haben wir auf unseren Notnagel TK-Pizza zurückgegriffen und mit Salat diesmal vor dem Haus (Frühstück -> hinter dem Haus) in einer herrlichen Sommerabendstimmung gegessen. Auch dieser Moment war irgendwie besonders.
Und so findet der Tag bei diesen Zeilen wieder ein Ende. Und wenn ich beim Schreiben die kleinen und großen Momente des Tages Revue passieren lasse, stelle ich fest, dass die Aussage, man habe heute „nix gemacht“ oder habe „nix erlebt“ absolut falsch wäre und diesem Tage nicht gerecht würde. So viele lustige, spannende, scheinbar quallenbedingte lebensbedrohliche Situationen die durch- und erlebt wurden. Vielleicht ist das etwas, was man sich aus dem Urlaub zurück in den Alltag mitnehmen muss. Irgendwie ist doch jeder Tag mit großen und kleinen großartigen und besonderen Momenten gespickt. Man muss ihnen nur den Platz und vor allem die Aufmersamkeit zuteil werden lassen. Und dann ist am Ende jeder einzelne Tag ein besonderer. Auch im ach-gottchen-so-tristen Alltag.

Tag 8 – Freitag, 11.08.23 – Wettertechnischer Urlaubsneubeginn

Die ersten Zeilen des Tages schreibe ich, wie fast jeden Tag, beim ersten Kaffee in der Küche. Heute ist es was besonderes, weil das erste Mal seit Ankunft die pralle Sonne durchs Küchenfenster scheint. Direkt eine andere Stimmung. Wiese, Garten, Steg und Meer im frühen Sonnenlicht wirken direkt nochmal viel schöner.

Wir haben viertel vor sieben und Emil ist seit einer Stunde wach. So wie ich auch. Carina liegt allerdings auch schon wach im Bett und liest in ihrem Buch. Ich muss direkt mal einen Brei für Emil machen. Den fordert er nämlich eindringlich ein. Wird gemacht, Chef!
Da heute Freitag ist, entscheide ich mich, mit dem Fahrrad zur Sommerbäckerei zu fahren um Brötchen zu holen. Sind etwas um die drei Kilometer und in ca. 15 entspannten Minuten pro Strecke zu schaffen. Verwundert stelle ich allerdings fest, dass die Bäckerei nicht geöffnet hat. Nun doch nur Samstag und Sonntag? Am Abend übersetze ich mir die Öffnungszeiten auf der schwedischen Homepage und muss mit Erschrecken feststellen, dass sie leider nur von Mittsommer bis zum ersten Augustwochenende geöffnet hat. Das ist sehr schade und nur der Gedanke daran, dass wir noch den allerletzten Tag genutzt haben tröstet ein wenig.
Das Wetter ist heute morgen wirklich so schön (wenn auch noch nicht sehr warm), dass wir spontan das Frühstück auf die Terrasse verlegen.
Die geplante Radtour von gestern (wir erinnern uns) verlegen wir dann anschließend auch nochmal auf den Zeitraum nach Mittag, weil es die Kinder nun doch wieder Richtung Steg und ihrer Quallenjagd zieht. Da Wind und Wellen mitspielen, soll das StandUpPaddle auch wieder zum Einsatz kommen. Der Plan, mal weiter rauszufahren, zwingt mich dazu, auf Nummer sicher zu gehen und statt Jeans mal eine Badehose anzuziehen. Pauline und mir schwebt die vorgelagerte Insel in ca. 800 m Entfernung vor. Beim ersten halbherzigen Versuch wollen wir auf halber Strecke das Gefährt um 180 Grad drehen um zu schauen, wie weit wir vom Ufer entfernt sind. Das Vorhaben endet mit einem Sturz ins Wasser. Da ich aus Gesundheitsgründen (arktische Kälte der Luft) noch einen Hoodie trage und der Sturzfrust so tief sitzt, entscheiden wir uns zur Rückkehr ans Ufer. Dort trocknen wir uns ab, ich tausche die Oberbekleidung und wenige Minuten später packt uns der Ehrgeiz erneut und wir starten zum zweiten Versuch. Und diesmal klappt es sogar! Unser Expeditionsmut und Rücksicht der Natur gegenüber lässt uns -statt die Insel zu betreten- diese umrunden. Ca. 40 Minuten und 0,91 Seemeilen (also 1,7 km) nach dem Start in eine Reise mit ungewissem Ausgang legen wir stolz und vor allem trocken wieder an unserem heimischen Steg an. Die Eingeborenen begrüßen uns mit Blumenketten und flippen bei dem Tausch von Glasmurmeln gegen eine Tasse Kaffee schier aus.
Letzter Satz entspricht zwar keineswegs den Tatsachen, liest sich aber in einem Reisebericht umso besser.
Die Schlange von gestern zeigt sich auch wieder an der nahegelegenen Mauer und wir taufen sie auf „Ringel Natterson“, womit auch gleich die Art festgelegt wäre.
Zur späten Mittagszeit brechen wir unter deutlich besseren Vorzeichen zu dem Bikepark mit unseren Fahrrädern auf. Um hier nochmal einen Überblick über den vorhandenen Fuhrpark zu bieten: Clemens auf seinem 7-Gang-woom-Bike, Pauline auf unserem alten Trekkingrad, Carina und ich auf den E-Bikes, bei mir anhängend Emil im Reha-Buggy. Die vorliegenden Navigations-Apps schlagen ähnliche Strecken mit einer Gesamtlänge von ca. 40 km vor und so zögern wir nicht und machen uns auf den Weg. Dieser führt uns zunächst auf der Hauptstraße aus dem Ort raus und von da an über alle erdenklichen Wege, Straßen und Pfade. Von „ordentlich geschottert“ über Rüttelpiste, Steg im Moor und rennsteigähnlichem Wanderpfad, Umwegen aufgrund umgefallener Bäume und Teerstraßen. Wohlgemerkt alles mit Clemens auf seinem Rädchen und Emil im Reha-Buggy. Stellenweise ein Himmmelfahrtskommando! Vorbei an kleinen Siedlungen oder einzelnen Häusern, Bauernhöfen, Teichen, Seen und Meer, Feld, Wiese, Wald und Steinmauern (muss erwähnt werden weil quasi in unendlicher Länge vorhanden). Am Bikepark angekommen wird dann Rast gemacht und anschließend die Strecke erkundet. Wir haben irgendwann das Gefühl, das Clemens erste Erschöpfungsanzeichen zeigt und entschließen uns, den Heimweg anzutreten. Dieser führt uns diesmal aber eher über gut ausgebaute Feld- und Waldwege und lässt uns deutlich schneller vorankommen. Weil wir uns, wie jeden Tag, auf zwei Mahlzeiten beschränken, entschließen wir, einen nahegelegenen Campingplatz aufzusuchen. Dort gibt es ein angegliedertes Restaurant. Und da es schon fast auf dem Weg liegt, gibt es quasi keine Gegenstimme aus der Truppe. Bei der Ankunft bemerken Carina und ich, dass wir 2011 genau hier schonmal mit dem Wohnmobil gecampt haben. Das Essen ist vorzüglich. Pizza für Pauline, Burger mit Pommes für Clemens und jeweils Fish ´n Chips für Carina und mich. Kurz nach der Abfahrt zur letzen Etappe stellt Clemens dann trocken fest, „dass er jetzt wieder soviel Energie wie am Ampfang“ hätte. Eine Wiederholung der Tour verschieben wir allerdings auf einen anderen Tag. Nach dem Rezept für den Burger werde ich mich morgen mal schlau machen. Scheint gut zu sein.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreichen wir bei bester Laune dann wieder unser Schreinerhaus in Drag. Von da an wird nur noch das Standardprogramm (Zähneputzen, Schlafanzug, Medikamente für Emil) runtergespult und der Tag findet langsam ein erschöpftes, aber zufriedenes und glückliches Ende. Für mich, nachdem ich diese Zeilen noch getippt habe. Gute Nacht!

Tag 7 – Donnerstag, 10.08.23 – Reinfall ins Wasser

Emil hatte heute eine durchwachsene Nacht und hat viel gemeckert. Der Zustand sollte sich im Laufe des Tages auch nicht grundlegend ändern. Zudem isst er heute auch schlechter als sonst die Tage. Aber kackt ganz ordentlich. Naja. Zumindest etwas. :-/

Aus diesem Grund kann ich auch nicht mehr ab vier Uhr schlafen, hole Emil gegen 05:00 Uhr in unser Bett und steh mit ihm letztlich gegen halb sechs auf. Wir kochen uns einen ordentlichen Kaffee, hören P4, den örtlichen Radiosender, schauen Videos und denken uns lustige Sachen aus. Nebenbei fülle ich Emils Medikamentendöschen auf, was uns daran erinnert, dass dies eine der letzten Aktionen vor einer Woche zu Hause war. Heißt, dass wir morgen schon oder erst eine Woche unterwegs sind. Für‘s Frühstück hole ich im Rocknebyer ICA wieder Brötchen und traue mich die alte Kassiererin auf Schwedisch anzusprechen und frage sie erstmal, ob sie englisch spricht, weil ich ja eigentlich kein Schwedisch kann. Kann sie allerdings nicht, weshalb mir ein ebenfalls älterer Herr zu Seite springt und simultan übersetzt. Das hat mich gefreut und wieder mal bewiesen, dass man sich auch einfach mal aus der eigenen Comfortzone bewegen muss. Ist nicht immer einfach, führt aber meistens zu angenehmen Erfahrungen. Anlass war der Bon aus dem Pfandautomaten. Hier hat an die Möglichkeit, sich das Pfand ausbezahlen zu lassen oder es einem guten Zweck zu spenden. Hier ging das Pfand an den örtlichen Fußballverein. So habe ich das zumindest interpretiert.

Für heute besteht zunächst noch kein weiterer Plan, weshalb wir eine Fahrradtour ins Auge fassen. Im nördlichen Teil Kalmars (also südlich von uns) befindet sich ein Dirttrack. Also die naturnahere Variante eines Pumptracks. Laut Google Maps und Komoot müssten es irgendwas um die 15 km hin und demnach auch wieder zurück sein. Weil wir uns aber nicht wirklich aufraffen können, verbringen wir den weiteren Vormittag und Mittag noch im Haus und dösen so vor uns hin. Die Kinder beglücken nach Mittag den buchlesenden Urs auf dem Steg mit ihrer lautstarken Quallensammlerei. Als wir dann gegen halb zwei Richtung Kalmar aufbrechen, setzt noch während wir uns in Drag befinden der Regen ein. Am Dorfrand ist er bereits so heftig, dass wir unter einer Eiche Schutz suchen. Schnell wird klar, dass ein Rückzug wohl angebrachter wäre. Die Rückfahrt dauert gerade nur 5 Minuten, führt aber dazu, dass wir fast vollständig durchnässt zu Hause ankommen und die Räder im Gewächshaus und Schuppen parken. Wir trocknen uns und kochen Kaffee und warten einfach auf schöneres Wetter. Also erstmal auf morgen. Am Nachmittag fahren Pauline und ich nochmal in den Supermarkt und kaufen die restlichen Dinge für Wraps ein. Das und noch ein paar Dinge dazu. Und so sitzen wir abends wieder in unserer kleinen gemütlichen Küche beisamm‘ und essen mexikanisches Essen. Auch schön: Die Eltern machen im Urlaub alles für die Kinder (was so eher normal ist), die Kinder spülen dafür im Gegenzug das Geschirr mangels einer Spülmaschine. Emil ist am Abend deutlich besser gelaunt. Und das ist schön.

Am Steg haben die Kinder am Nachmittag das lebende Exemplar einer ordentlichen Schlange entdeckt. Google schlägt uns irgendwas zwischen Ringelnatter (unkritisch) und Kreuzotter (giftig) vor. Wir sind gewarnt und verhalten uns entsprechend vorsichtiger in Zukunft. Überhaupt ist, was die Tierwelt angeht, hier einiges geboten. Neben Möwen, Komoranen, Schwänen und Grauweiher, schwimmt in regelmäßigen Abständen auch befelltes Tier am Steg vorbei. Unsere Vermutung geht Richtung kleinem Seeotter. Sehr pusierlich.

Und dann soll ich noch schreiben, dass Clemens und Pauline gerade spülen und Clemens ganz komisch abtrocknet und einen Deckel hat fallen gelassen.

Tag 6 – Mittwoch, 09.08.23 – Steggespräche und Elchpark

Länger als sechs, halb sieben kann Papa nicht schlafen. Nicht heute, nicht gestern, die ganze Zeit nicht. Das ist aber nicht weiter schlimm, da wir auch nicht wirklich spät ins Bett gehen. Die mangelnden Verdunkelungsmöglichkeiten lassen ein längeres Ausschlafen vermutlich auch gar nicht zu. Und so verziehe ich mich gerne in die Küche, schmeiße schonmal den Moccamaster und das schwedische Radio an und spüle einen Teil des gestrigen Geschirrs. Nebenbei zeichne ich Version II eines Tiny Offices. Draußen ist es noch usselig. Bedeckt und einsetzender Nieselregen ab halb neun. Der Wind lässt die Kiefern und Eichen ums Haus noch rauschen. Zwei Schwäne ziehen mit ihren Jungen am Steg vorbei. Idyllisch ist es schon. Gestern haben wir rausgefunden, dass der älteste Teil des Ferienhauses wohl aus dem Anfang des 20. Jahrhundert stammt. Heißt also, dass der Teil des Hauses mit der Stube und der Küche schon gute 100 bis 120 Jahre auf dem Buckel hat. Vermutlich diente es nicht immer als Ferienhaus und könnte, wenn es könnte, einige Geschichten erzählen. An der alten Eingangstüre habe ich mir gestern versehentlich den Kopf gestoßen, weil diese vielleicht nur einmetersiebzig hoch ist. Lässt darauf schließen, dass die Durchschnittsgröße des gemeinen Schweden in den letzten hundert Jahren um ca. 30-40 cm zugenommen hat. So zumindest meine anthropologische Vermutung.

Im Laufe des späten Vormittags befinden sich Pauline und Clemens wieder beim Quallenfischen auf dem Steg. Die Nachbarn Urs und Nathalie sitzen ebenfalls dort mit Kaffee und so gesellen wir uns auch noch dazu. Gute Gespräche und fast zweieinhalb Stunden später beschließen wir, uns auf den Weg zum Elchpark Nybro zu machen. Obwohl es dort immer wieder regnet haben alle ihren Spaß. Wir kommen den Elchen auch verdammt nah und können sie auch mit Birkenzweigen füttern. Schon imposant mit so einem Riesen auf Tuchfühlung zu gehen. Vor allem, wenn sie so schöne Namen wie Emil, Karl-Philip, Astrid, Karlson und Pippi haben. Wir sitzen dabei in einer Art Bus auf zwei Rädern, davon drei Stück hintereinander, gezogen von einem MF (Traktor). Zuhause gibt es dann Bratkartoffeln mit Spinat und Spiegelei.

Tag 5 – Dienstag, 08.08.23 – Wind, nix, nix und kapitalistische Leibesübungen

Am Morgen herrscht noch heftiger Wind. Einige Teile Schwedens haben mit dem durch das Tief „Hans“ verursachten Unwettern zu kämpfen gehabt. Bereiche Malmös waren noch einige Zeit ohne Strom, es gab Überschwemmungen und sogar ein Zugunfall durch einen weggeschwemmten Bahndamm. Gemessen an dem sind wir die letzten Tage hier wirklich glimpflich davon gekommen. Via WhatsApp erreichen uns heute mehrere Nachfragen, ob es uns gut geht. Ich hole wieder Brötchen im ICA im nächsten Ort Rockneby, die heute deutlich frischer sind als gestern. Nach dem Frühstück kommen wir noch nicht so wirklich in die Gänge. Warum auch? Es gibt keinen Plan und auch kein passendes Wetter. Wir spielen die Partie Monopoly von vorgestern zu Ende bzw. erklären Pauline zur Gewinnerin, da sie mit Ihren Hotels es schafft uns permanent am Existenzminimum (und teils weit darunter) zu halten. Zwischendurch schaut der Nachbar Urs vorbei und leiht sich unseren Fön. Deren Ferienhaus ist so ziemlich mit nichts ausgestattet. Weder Bettwäsche, noch Spülsachen, noch irgendwas. Eine Waschmaschine ist ebenfalls nicht im Haus, weshalb kurzerhand noch Unterhosen gekauft werden müssen. Nicht ausreichende Beleuchtung kann vielleicht noch der oben erwähnten Hyggeligkeit zugeschrieben werden, nervt aber trotzdem ein bisschen.

Die.

Nicht uns.

Aber auch hier ist es echt duster. Ohne Taschenlampe findet man in Emils Schubladenschrank nicht viel.

Am Nachmittag bewegen wir uns doch noch mal aus dem Haus und suchen einen Skatepark und Spielplatz im nördlichen Kalmar auf. Leider gefällt dieser unseren beiden nicht wirklich, weshalb wir auch relativ schnell wieder den Heimweg antreten. Die Entscheidung bzgl. Abendessen fällt heute auf die schwedische Fastfoodkette „MAX“. Bestellung erfolgt per Display und glücklicherweise in Ruhe, da wir und die Bedienung in Anbetracht der Variantenvielfalt sonst vermutlich verzweifelt wären. Essen war jetzt so lala bis OK. Aber zumindest sättigend. Den frühen Abend wollten wir ob der nun deutlich stärker vorhandenen Sonne und des ausbleibenden Windes mit Wein und Brei und Quallenfang am Steg verbringen. Als Urs und Natalie von Ihrem Besuch des nahegelegenen Elchparks noch dazustoßen ergibt sich ein gutes Gespräch, welches uns auch nicht durch einen kurzen Regenschauer abbrechen lässt. Zwischendurch rette ich noch per StandUpPaddle und mit vollständiger Montur einen Kescher vor dem Verschlingen durch die Ostsee.

Gegen viertel nach neun kehrt nun langsam Ruhe ins Schreinerhaus ein und wir lassen den Tag 5 unseres Urlaubs bei einer leckeren Dose Hachenburger ausklingen.

Tag 4 – Montag, 07.08.23 – SUP und Slot Kalmar

Der Regen hat sich gelegt. Am Morgen gibt es sogar kurze Momente, an den die Sonne durch die noch vorherrschende Wolkendecke dringt. Obwohl es noch nicht wärmer als 20°C ist, drängt es die Kinder an den Bootssteg. Das StandUpPaddle wird das erste Mal aufgepustet und ausprobiert. Pauline und Clemens schrecken auch nicht davor zurück sowohl beabsichtigt als auch unbeabsichtigt in die aus Elternsicht eiskalte Ostsee zu springen. Papa Stefan geht die Paddelschule anders an, entledigt sich einzig seines Handys und klettert wagemutig mit seinen normalen Klamotten auf das Schwimmbrett. Der Trick, nicht runterfallen zuwollen geht auch auf und nach gefühlten zwei Seemeilen legt er zwar nicht trockenen Fußes (die sind einfach zu nah am Meer gelegen), jedoch trockener Kleidung wieder am Steg an. Währenddessen ging Clemens seinem neuen Hobby nach, dem Quallenfischen. Quallen sind dem jagdtriebigen Jungburschen eher gelegen, als die flinken Fische, die den Käscher wohl bereits kennen und ihm deshalb gerne mit großem Abstand begegnen. Anders da die Quallen, die einfach zu behäbig sind. Wäre mir persönlich aber auch unbekannt, wenn die Glibbertiere zur Gattung der Fluchttiere gehören würden. Jedes gescheite Lebewesen (außer Clemens) lässt die, sich wie Schnodder anfühlenden und geschmacksneutralen, Quallen doch normalerweise links liegen.

Gegen Mittag machen wir uns auf den Weg nach Kalmar und besichtigen dort das gleichnamige Schloss. Dank Emil parken wir quasi in der ersten Reihe. Waren die Kinder zunächst von einem Schlossbesuch weniger begeistert, kehrte sich die Gegenwehr in kürzester Zeit um. Vor Ort war vor allem für die jüngere Generation einiges geboten. Über das Schlossgelände liefen Diener und Bedienstete, Gaukler und Flötenspieler, Prinz, Prinzessin und König. Man konnte sich mit dem schwarzen Ritter im Schwertkampf duellieren und Aufgaben lösen. Letzteres führte bei Erfolg zum Ritter- und Prinzessinenschlag und wurde von Prinzessin Sylvia (oder ähnlich) durchgeführt. Nebenbei erfuhr man einiges von der Schlossgeschichte, dem Leben im Mittelalter und am Hofe und das freie Nachmittage im Kerker quasi nicht vorhanden waren. Nach der Ernennung zu Prinzessin Paulill und Ritter Clemens (natürlich in Originalkostüm) ließen wir das Schloss hinter uns und gingen Richtung Stadt. Kalmar war für uns kein komplett unbekanntes Pflaster. Besuchten wir 2011 noch die Stadt nur mit Pauline, führte uns heute der Weg durch das Stadttor bereits zu fünft. Vergleichende Bilder von damals und heute liegen selbstredend vor. Der langsam einsetzende Hunger wurde vorübergehend mit einem sehr leckeren und üppigen Eis aus der Gelato Factory unterdrückt. Auf der Suche nach einem passenden Restaurant entschieden wir uns letztlich -nicht zuletzt aus Preis und Bewertungsgründen- für Köttbullar mit Pommes und Erbsen im eigenen Hause und machten uns wieder auf den Heimweg.

Tag 3 – Sonntag, 06.08.23 – Regen und Willys in Kalmar

Zu einem gelungenem Urlaub zählen neben den Tagen, die gefüllt sind mit Unternehmungen und Ausflügen auch die Tage, an denen man den Schlafanzug und das Haus nicht verlässt. Und erst recht die Tage, an denen man das Haus nicht in Schlafanzug verlässt. Genau so ein Tag war dieser Sonntag in Schweden. Das Wetter hat uns diesbezüglich aber auch vom Feinsten unterstützt, da es quasi ununterbrochen regnete. Mal mehr, mal weniger. Aber eigentlich immer. Am Nachmittag sogar so heftig in Verbindung mit strakem Wind, dass das Wasser den Weg in unser Esszimmer fand. Zum Glück befanden sich mehr Töpfe in unserem Haus, als Stellen, die tropften. Hier die Verbindung zur Familie Melcherson und deren undichtem Schreinerhaus auf Saltkrokan.

Gut… den ganzen Tag haben wir dann doch nicht im Schlafanzug verbracht. Eigentlich noch nicht einmal den Morgen. Denn: Ich habe am Morgen die, auf der Halbinsel in Revsudden befindliche, Sommerbäckerei „Sommarbaggeri“ besucht und herrlich frische Brötchen gekauft. Die Sommerbäckerei befindet sich in einer Hütte, die nicht wirklich größer als ein Gartenhaus ist. Dort drin werden die frischen Backwaren nicht nur verkauft, sondern von einem Bäcker mit seinen zwei jugendlichen Kindern (Familienverhältnis wird vermutet) vor Ort hergestellt und gebacken. Sehr schwedisch, sehr hyggelig, sehr süß. Eigentlich ein stückweit schon fast kitschig.

Vollständig angezogen fahren wir am Nachmittag auch noch in den Willys nach Kalmar und tätigen einen Großeinkauf. Wir planen die ersten Gerichte noch vor Ort. Lediglich die Köttbullar für die Köttbullar am Abend… die vergessen wir. Egal. Am Sonntagabend gibt es einen Hackfleisch-Kartoffel-Auflauf, der in der urigen Küche bei Wein und Saft in größter Gemütlichkeit verschmaust wird. Im Anschluss sitzen wir mit allen im Wohnzimmer und spielen Monopoly. Zwischendurch gleitet der Blick aller immer wieder raus auf’s Meer. Und wieder gehen die Lichter gegen neun Uhr am Abend aus und wir glücklich, satt und zufrieden ins Bett. Über uns prasselt weiterhin der Regen auf‘s Dach. Diesmal hält es aufgrund des sich legenden Windes auch dicht.

Tag 2 – Samstag, 05.08.23 – Von Malmö über Karlskrona nach Drag

Nach zehn unendlich guten Stunden Schlaf wacht die Familie am Samstagmorgen in ihrem Hotel in Malmö auf. Nach einem erneut üppigen Frühstück (das vorerst letzte dieser Reise, an dem niemand tätig werden musste) brechen wir Richtung Nordwesten auf. Die Fahrt führt uns über die E22 vorbei an Kristiansholm und Karlshamn zunächst nach Karlskrona. Die Autobahn darf man sich allerdings nicht wie die unsere vorstellen. Nicht selten fährt man auch über Streckenabschnitte die eher unseren Bundes- oder Landstraßen ähnelt. Das alles bei maximal 110 km/h ist ein wirklich entspanntes Reisen. Ca. Anderthalb Stunden vor unserem Ziel machen wir noch eine Pause in Karlskrona. Was wir im Vorfeld nicht wussten, war, dass an diesem Wochenende ein Stadtfest stattfand (Schärengartenfest/Skärgarsfesten). Ende vom Lied: Papa musste mit K1 und K3 Karussel fahren. Der anschließende Spaziergang mit Essen beim Asiaten (Reisetipp! Hier kann man mittags am günstigsten essen) beruhigte wieder Nerven und Magen. Anschließend letzter Teil der Anreise nach Drag zu unserem Häuschen am Meer. Scherzhafterweise noch von unserem Schreinerhaus auf Saltkrokan gesprochen, sollte sich ein Teil der Lindgren‘schen Geschichte am nächsten Tag noch bewahrheiten. Das Auspacken und Einräumen nahm dann trotzdem nochmal fast anderthalb Stunden in Anspruch. Da wir zwar grundsätzliches an alles inkl. Alkoholika gedacht hatten, mussten wir trotzdem vor Ort noch alle anderen Lebensmittel einkaufen, was wir am Abend noch kurzerhand erledigten. Da wir erst „kurz vor knapp“ im örtlichen und nicht allzu üppig ausgestatteten Supermarkt ankamen, fiel der Entschluss, den großen Einkauf auf den Sonntag zu verlegen und sich an diesem Samstagabend nur mit dem Nötigsten einzudecken. Im Gegensatz zu Deutschland haben wir hier nämlich auch Sonntags die Möglichkeit einkaufen zu können. Inkl. IKEA, Jysk, Lidl, Willys, ICA, etc.

Fast zeitgleich reisen auch Urs und Natalie aus der Schweiz an, die das Häuschen neben uns gemietet haben. Sie kommen mit dem Mietwagen gerade aus Richtung Stockholm und werden in der nächsten Woche weiter Richtung Göteborg reisen.

Tag 1 – Freitag, 04.08.23 – Anreise nach Malmö via Kopenhagen

Einuhrsiebenunddreißig war das letzte Bild auf unserer Überwachungskamera, welches uns zeigte. Danach befanden wir uns auf der 1150 km langen Anreise nach Drag, nördlich von Kalmar. Der erste Teil der Reise war auch der einzige, der einem gewissen Zeitdruck ausgesetzt war, da es galt die Fähre von Fehmarn nach Rödby um 08:45 zu erreichen. Die Anreise über Risikoorte wie Lüdenscheid (einmal verfahren), Hamburg (einsetzender Berufsverkehr) und weite Teile Schleswig-Holsteins (freilaufende Rinder und Torfstecher) verlief allerdings absolut reibungslos, weshalb wir bereits um 07:45 Uhr im Fährhafen auf Fehmarn ankamen. Kein Stau, kein zähfließender Verkehr, nix. Am Abend zuvor gab es noch einen kleinen Schockmoment, als wir merkten, dass Scandlines uns zwar 209 Euro vom Konto abgezogen hatte, wir aber über keinerlei Unterlagen verfügten, die uns die Überfahrt mit der Fähre nach Dänemark und weiter über die Öresundbrücke nach Schweden ermöglichten. War wohl im Trubel der letzten Wochen untergegangen. Problem konnte allerdings vor Ort mit der vorhandenen Buchungsnummer gelöst werden und so saßen wir pünktlich auf unserem Panoramaplatz an Bord und genossen das üppige Frühstücksbuffet an Bord der MS Überfahrtgelungen (oder ähnlich). Paulines Kappe, die wir wohlmöglich vor 12 Jahren hier verloren hatten, haben wir auch diesmal nicht gefunden. Weder an Bord noch an der Oberfläche der Ostsee.

Weitere anderthalb Stunden nach Ankunft in Rödbyhafen erreichten wir bereits Kopenhagen. Die Ankunft und Parkplatzsuche in Dänemarks Hauptstadt verlief ebenso stressfrei wie der bisherige Reiseverlauf. Geparkt am nördlichen Rand der Innenstadt gingen wir durchs Kastellet, Schloss Amalienborg, wo der Wachwechsel stattfand (ohne Kappelle), Nyhavn und Kongens Nytorv. Der obligatorische HotDog wurde an letzter Stelle eingenommen. Nicht gut, aber letztlich ein Must Have beim Besuch der Hauptstadt. Der Weg führte weiter Richtung Süden an der Alten Börse vorbei bis kurz vor die Tore Christianias. Eigentlich wollten Clemens und Papa Stefan noch auf die Van Frelser Kirche steigen, entschieden sich aber letztlich aufgrund der Wartezeit dagegen. Da Emil langsam Hungeranzeichen hatte, wir aber zu weit vom Auto entfernt waren, suchten wir dort einen nahegelegenen Coop auf und deckten uns mit notwendigen Nahrungsmitteln (Art Fruchtquatsch, Käsekuchen) ein und bezahlten mit den letzten Dänischen Kronen aus dem Jahr 2007. Weiter vorbei an Booten im südlichen Christianshavn fanden wir auf dem Weg zurück Richtung Innenstadt die Broens Gadekökken, eine Art dauerhaftes Foodtruckfestival. Pinkelpause und Crepes weiter ging es erneut durch Nyhavn noch an der kleinen, völlig zu Unrecht gehypten , Meerjungfrau mit Kreuzfahrttouris zurück zum Auto. Carina verfolgte am nächsten Tag unseren Stadtspaziergang via Google Earth und kam auf ca. 8km Fußweg. Bei der Fahrt raus aus der Stadt und über die Öresundbrücke mit einer faszinierenden Sicht über den Öresund machte sich langsam die Anstrengung des Tages bemerkbar. Während Clemens bereits die Fahrt für ein kleines Nickerchen nutzte, musste Vater Stefan sich schon gut zusammenreißen. Das Hotel Radisson Blu in Malmö war schnell gefunden. Die nötigsten Sachen -bereits im Vorfeld gepackt- noch aus dem Auto geholt und den Tag bei halbwegs leckerem Essen aus dem benachbarten Orient-Restaurant (Dönerbude) ausklingen lassen. Wobei ausklingen bedeutet, dass die Eltern nach zwei Dosen Carlsberg bereits um acht Uhr, die Kinder eine Stunde später, die Augen erschöpft schlossen.